Das Neue Jahr möchte ich hier im Blog mit einem Rückblick auf das Alte beginnen. Wer im Dezember Weihnachtspost von uns aus Fushë-Arrëz bekommen hat, kennt den Jahresrückblick von Bruder Andreas bereits.
Das Jahr 2021 war für uns hier in den Bergen Albaniens ein Jahr zwischen Ausnahmesituation, coronabedingter Beschränkungen und „Normalbetrieb“. Bis Ende April gab es nächtliche Ausgangssperren, Abstandsregelungen und Maskentragen. Immer wieder waren wir heraus-gefordert, unsere Planungen für die seelsorgliche und katechetische Arbeit anzupassen. Die Gottesdienste zu Ostern mussten umgeplant werden, den Religionsunterricht konnten wir wegen des Corona-Schichtunterrichtes in den Schulen meistens nur samstags anbieten. Vieles konnte zwar stattfinden, aber eben nur mit Auflagen, Abstand und Maske, wie wohl überall.
Das erste Mal wurden wir im April, das zweite Mal im Juli geimpft. Das ging völlig unproblematisch: morgens ein kurzer Anruf vom Arzt und dann drei Stunden später die Impfung.
Am 1. März 2021 vollendete Schwester Gratias ihr 80. Lebensjahr. Sie lebt seit 1995 auf der Missionsstation, erfreut sich weiterhin guter Gesundheit und schultert voll Tatkraft und Güte die vielen alltäglichen Herausforderungen hier.
Pandemiebedingt im kleineren Rahmen, zusammen mit einigen Priestern und Ordensleuten unseres Bistums Sapa und unserem Bischof Simon Kulli konnten wir gemeinsam ihren Festtag verbringen, der mit einem feierlichen Gottesdienst endete. Den hohen Geburtstag konnte Schwester Gratias dann im Sommer in ihrer bayerisch-schwäbischen Heimat mit ihrer Familie nachfeiern.
Während des ganzen Jahres, außer während der Sommerferien im August, war unsere Kindertagesstätte mit aktuell 57 Kindern geöffnet. Es ist jeden Tag eine große Freude zu sehen, wie die Kinder zusammen spielen, singen, basteln und lernen, wie sie mit ihren kleinen Fahrrädern und Bobbycars über unseren Hof sausen und dabei sehr rücksichtsvoll miteinander umgehen.
Unsere fünf Erzieherinnen leisten mit viel Engagement und Herz den Alltag mit den Kindern in den drei Gruppen. Unsere beiden Köchinnen sorgen für das leibliche Wohl der Kinder und unserer Gemeinschaft auf der Missionsstation. Viel Gemüse und Obst kommt frisch aus unserem Garten, und wenn es mal Fleisch gibt, dann vom eigenen Rind oder Schwein.
Im Nähsaal lernen gerade sechs junge Frauen das Schneidern und Nähen unter fachlicher Anleitung eines Profischneiders, den wir für diese Arbeit gewinnen konnten.
Bruder Andreas (64) lebt nun schon über 14 Jahre in Albanien, davon 13 als Pfarrseelsorger unseres großen Pfarrgebietes im Umkreis von 80 Kilometern. Er ist auch zuständig für die Pastoralassistenten des Bistums und organisiert regelmäßige Treffen mit ihnen. Einmal monatlich fährt er zudem zu Gottesdiensten in die Bergregion des Tropoja/ Lekbibaj. Dort sind eine kleine franziskanische Schwesterngemeinschaft und ein Pastoralassistent tätig. Seit fast vier Jahren gibt es dort keinen Priester mehr.
Die gemeinsame dreiwöchige Sommermission im Juni mit Katechesen und Sakramentenvorbereitung in der wunderschönen Bergregion des Lekbibaj und den verstreuten, sehr armen Dörfern dort, war eine besondere Erfahrung. Ähnlich war unser Einsatz auch wieder in Dardhë, Mëzi, Fushë-Dukagjin und Qebik.
Auch konnten wir sehr viele Familien in den Dörfern rund um Fushë-Arrëz besuchen und ihre Häuser segnen. Überall wurden wir mit großer Gastfreundschaft und mit Freude aufgenommen. Es ist viel gewachsen und geworden in den vergangenen Jahren.
Bruder Christian (35) hat sich mittlerweile gut eingelebt und große Fortschritte in der albanischen Sprache gemacht. Er organisiert die Arbeit mit den Hilfstransporten – insgesamt waren es in diesem Jahr 15. Er arbeitet jetzt auch in der katechetischen Arbeit mit und hilft, wo er gebraucht wird.
Während der vierwöchigen Sommermission, die seit 20 Jahren in den Bergregionen Tradition ist, die nicht regelmäßig pastoral versorgt werden können (Tropoja, Lekbibaj), hat er zudem jeden Tag für 33 Missionarinnen uns Missionare (Priester, Ordensleute, engagierte Laien und junge Erwachsene) gekocht und für ihr leibliches Wohl gesorgt. Er bietet jetzt für interessierte Frauen und Männer in Dardhë einen Kochkurs an.
Die Armut in unserer Bergregion hat zugenommen, nicht nur wegen Corona. Immer wieder ziehen viele Familien, vor allem aber junge Menschen, weg. Es gibt zu wenig Arbeit und keine wirklichen Perspektiven. Unsere Dörfer entvölkern sich zusehends. Es bleiben meist nur die Alten, die Armen und die Familien, die viele Kinder oder behinderte Angehörige haben. Das verändert sehr vieles, auch in unserer täglichen Arbeit.
Rund 140 Familien unterstützten wir monatlich mit Lebensmittelhilfen und Bekleidung. Sie kämen sonst nicht über die Runden. Etwa 100 Schüler und Schülerinnen, sowie Studierende erhielten von uns monatlich eine Ausbildungsbeihilfe, ohne die sie keine weiterführende Schule besuchen, oder kein Studium absolvieren könnten.
Unsere fünf Kandidaten aus Fushë-Arrëz für ein Freiwilliges Soziales Jahr in Deutschland haben nun endlich bei der Botschaft ihren Antrag auf ein Visum für Deutschland stellen können. Wir hoffen, dass sie Mitte Januar einreisen dürfen.
Natürlich haben wir wieder einige Bauprojekte für arme Familien realisiert. Wir konnten vier Häuser neu bauen. Drei Familien hatten beim Brand ihres Hauses alles verloren. Außerdem wurden zwei Komplettsanierungen durchgeführt, insgesamt 17 Dächer neu errichtet, im Dorf Fushë-Dukagjin ein 115 Meter tiefer Brunnen gebohrt und eine Wasserleitung für die Bewässerung der Felder gebaut.
Darüber hinaus konnten wir Menschen in Krankheit und existentieller Not helfen und viele mit Pflegemitteln, mit Bekleidung, Hausrat, Matratzen und Mobiliar unterstützen.
Nach einem Brand wurde das Haus einer zehnköpfigen Familie wieder aufgebaut Die alte Wasserleitung im Dorf Fushë-Dukagjin – ein Wasserhan für fünf Familien
Das Schweineprojekt fand zum elften Mal statt. An 40 Familien in neun kleinen Dörfern wurden insgesamt 70 Ferkel ausgeliefert. Die Rückzahlung eines Teilbetrages ist mittlerweile angelaufen. Gelegentlich haben wir auch die Anschaffung einer Kuh, einiger Ziegen oder Schafe mitfinanziert.
In einer vergessenen und armen Bergregion rund um die Kleinstadt Fushë-Arrëz mit ihren vielen, verstreut liegenden Dörfern, ihrer Perspektivlosigkeit und Armut sind wir eine wichtige Anlaufstelle und ein Garant der Hoffnung. Wir verstehen unsere Präsenz und unser Engagement als Dienst an den Menschen hier, als Ausdruck unseres Glaubens an eine bessere Welt nach dem Plan Gottes und als unseren Beitrag zur Entwicklung dieses Landes.
Wir danken allen aus ganzem Herzen, die uns dabei begleiten, uns durch das Gebet oder materiell und finanziell unterstützen und uns verbunden sind. Ohne diese so starke Vernetzung mit Euch könnten wir unsere Herausforderungen hier nicht bestehen.